Neue Texte von Helmut Schida:

Auf dieser Seite finden Sie Leseproben aus meinen zahlreichen Manuskripten und Büchern - Doch Vorsicht, nicht alles hier ist leicht verdaulich!

   
Wien ist anders

Wien ist sogar ganz anders! Auch in der Frage der Integration. Da haben die Wiener mit steigender Zuwanderungszahl ein ganz besonderes Problem dazubekommen: Die immer schlimmer werdende Geruchsbelästigung in den Öffis. Besonders in den 6er-Linien. U-Bahn oder Bim, das ist ganz egal.
Dem Wiener stinkt‘s ganz einfach, seitdem es in den Gassen und Straßen schon mehr Kebap-Standeln als Trafiken oder Haarschneider gibt. In diesen kleinen Verkaufsbuden bekommt man nämlich jene geruchs- und geschmacksintensiven Nahrungsmittel, die stets mit den Fragen überreicht werden: „Mit alles? Und mit scharf?“ Diese mit streng riechendem Fleisch, herzhaften Gewürzen und Saucen versehenen Weißbrothälften werden dann flugs in die öffentlichen Verkehrsmittel mitgenommen und setzen dort nicht nur der ohnehin stickigen Luft von dicht an dicht gedrängten Menschen zu.
Der Klumpen dampft noch, tropft und vergrämt die Wiener so sehr, dass sich die Stadtverwaltung zu hartem Durchgreifen genötigt sieht. Mit 1. September sind Nahrungsmittel und Getränke auf allen Garnituren der Linie 6 verboten. Zusätzlich werden an allen größeren Stationen entlang dieser Linie gratis Erfrischungstücher und kleine Fläschchen mit Duftwässerchen an die Reisenden verteilt.
Das nenne ich mal eine gute Idee! Ich selbst mache nun täglich einen kleinen Umweg, wenn ich zur Arbeit fahre, damit ich ja wenigstens ein Stück in den Genuss dieser Duftlinie komme. Und bei jedem Ein- und Aussteigen greife ich in die großen Kisten beim Eingang und hole mir so ein Parfumfläschchen heraus. Da habe ich gleich für meine zahlreichen Freundinnen und Bekannten ein nettes Mitbringsel zu den Rendez-vous.
Ist doch nett mitgedacht von unseren Stadtvätern, die wieder einmal ihrem Slogan gerecht werden: Wien ist anders! Basta!


© Autor: Helmut Schida, Wien 2019 - www.schida.at    -    helmut@schida.at
   
   
   
Sie werden Augen machen

Jetzt rennen sie rasend schnell
meine letzten Jahre -
so schnell, dass ich sie kaum mehr
mit Inhalten zu füllen vermag
fast nichts mehr mitbekomme von ihnen
Und dabei bin ich ziemlich sicher
dass sonst kein Mensch davon etwas merkt
obwohl es ihnen ja allen so gehen müsste
Die sind nicht sensibel genug
oder sie sind einfach nur klüger als ich
Der Magistratsbeamte von nebenan
der nur den Lack seines Autos im Kopf hat
oder vorne die abgehalfterte Nutte
die jede Woche fetter und hässlicher wird
und bei der die Bürschchen alle stehen bleiben
Und erst die jungen Mütter mit ihren
sauberen und dauernd plärrenden Kindern
die vorne bei der Einfahrt zusammenstehen
und Wichtigkeiten austauschen und so tun
als hätten sie alle Zeit der Welt
Die werden noch Augen machen!


© Autor: Helmut Schida, Wien 2019 - www.schida.at    -    helmut@schida.at
   
 

 

   
Die “Clochards” von Paris

Die Basilika “Notre Dame” in Paris gehört wohl zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Seine-Metropole. Man baute an ihr vom 12. bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts. Doch erst 1685 wagten sich drei Wander-Meister an die Vorbereitungen zum Guss der größten Glocke der Kathedrale die “Grand Bourdon”.

Dieser gestaltete sich höchst kompliziert und kostete einem betrunkenen Gehilfen sogar das Leben. Doch nach Monaten war das schier Unmögliche geschafft. Mit Seilzügen und über mehrere Rollen wurde der Koloss in die Höhe gehievt und in seiner endgültigen Position verankert. Die Glocke, sie ist die tiefste des gesamten Geläutes von Notre Dame, erklingt mit dem Schlagton “fis” bis in die heutige Zeit, denn sie hat als einzige die Französische Revolution heil überstanden.

Doch zurück ins 17. Jahrhundert. Um die Glocke überhaupt zum Erklingen zu bringen, waren damals acht kräftige Männer nötig. Sie standen hoch im Turm auf einem schmalen Balken und mussten sich mächtig ins Zeug legen, bis die Glocke weit hörbar ihre Stimme erhob. Vergessen wir nicht, dass wir uns in den Tagen des “Glöckners von Notre Dame” befinden. Immer öfter kam es vor, dass zur Zeit, wo die Glocke erklingen und die Bevölkerung erreichen sollte, eben keine acht starken Männer zur Stelle waren. Immer seltener fanden sich Freiwillige, die bei klirrender Kälte oder Nässe auf dem rutschigen Balken diese lebensgefährliche Arbeit im Turm verrichten wollten; noch dazu um Gottes Lohn. So kam es, dass die Glocke oft wochenlang nicht erklang.

Aus dieser misslichen Situation half nur eine mutige Entscheidung des Pariser Dompfarrers. Das Ertönen der großen Glocke (frz. “cloche”) wurde zu ganz bestimmten Feiertagen und zu den vorgesehenen Zeiten nun mal benötigt. Stunden vor diesem Zeitpunkt ließ nun der Pfarrer die Gassen und Straßen rund um den Dom nach Bettlern und zwielichtigem Gesindel durchforsten und zur Kirche schaffen. Dort wurden die kräftigsten Männer ausgesucht und hinauf ins Gebälk getrieben. Man zeigte ihnen, was zu machen wäre, versprach ihnen nach getaner Arbeit ein warme Mahlzeit, stets eine dünne Suppe.

Nun erklangen die Glocken, die “cloches”, meist zur richtigen Zeit. Die zufällig auswählten Läuter auf den Balken nannte man seither die “Clochards”. Und so kamen die Bettler und Unterstandlosen von Paris im 17. Jahrhundert zu ihrem Namen.
 
Ob die heutigen Clochards diese Geschichte ihrer Namensgebung kennen?


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Der Invalidendom in Paris

Er gehört bei den Touristen zu den viel bewunderten Sehenswürdigkeiten dieser flirrenden und nachts glitzernden Stadt an der Seine. Er steht mit Louvre, Eiffelturm und Notre Dame nicht unbedingt in der ersten Reihe, aber er gehört spätestens ins Besichtigungsprogramm des zweiten Tages, wenn man schon mal hier ist. Liegt doch ein gewisser Napoleon I. hier begraben. Seinem Wunsch an den Ufern der Seine bestattet zu werden kam Frankreich zwar nach, aber erst nach langem Hin und Her. So liegt der 1821 verstorbene Kaiser erst seit 1840 hier, und es dauerte noch weitere 21 Jahre, bis sein Leichnam endlich in die Krypta des „Hotel des Invalides“ übersiedeln konnte, da die ursprüngliche Kirche erst zur monumentalen Grabstätte für den Kaiser umgebaut werden musste.

Doch um ihn, den überragenden Feldherrn der Grande Nation, geht es gar nicht in meiner Geschichte. Es geht vielmehr um den Gärtner, der sich im Zweiten Weltkrieg um das Grün des Geländes rund um den Dom zu kümmern hatte: Monsieur Albert Mourin und seine Gattin. Die beiden waren Mitglieder der Résistance und wohnten in dieser Zeit in der Sakristei des sonst verschlossenen Doms. Es war keine schöne Zeit für die beiden und alle übrigen Pariser. Die Deutschen hatten die Stadt längst eingenommen und benahmen sich dementsprechend als harte Eroberer. Bei einem seiner nächtlichen Rundgänge um den Dom – es war Herbst 1940 - hörte Mourin hinter einer dunklen Hecke verdächtige Geräusche. Tatsächlich fand er dahinter zwei zusammengekauerte Personen, geflüchtete britische Piloten, die unweit Paris von den Deutschen abgeschossen worden waren, mit Fallschirmen abspringen und danach auf der Flucht in Paris untertauchen konnten. Sofort erkannte der Gärtner an den Uniformen, dass es sich um Engländer handelte.

„Hallo, was treibt ihr hier? Wer seid ihr?“

„George und Matthew. Sie haben uns abgeschossen. Wir konnten rechtzeitig abspringen“, ist alles, was die beiden hervorbringen. So entkräftet sind sie. Bei George klebt am rechten Bein der Fliegergarnitur sogar längst eingetrocknetes, schwarzes Blut.

Geduckt und immer an der Wand des Domes entlang führt Mourin die beiden ins Innere und versteckt sie kurzerhand in der Kuppel des Domes. Natürlich unter Lebensgefahr! Dazu muss man wissen, dass die von außen so herrlich golden glänzende Kuppel auch noch über eine Innenkuppel verfügt, wie das auch etwa im Petersdom in Rom so ist. Und in diesen engen, schrägen Raum zwischen den Kuppeln drängt er die Piloten. Als Madame Mourin nach einer knappen Stunde mit einer Kanne voll warmer Suppe zu den Fliegern hochsteigt, liegen diese dösend an die Wand der Innenkuppel gelehnt.

„Hier bringe ich euch mal Suppe für den ersten Hunger.“

Hinter ihr schlurft ihr Mann Albert mit einer Schüssel dampfender Kartoffeln in die enge Unterkunft.


„Und dass mir hier keiner von euch vor den kleinen runden Fenstern raucht! Man kann den Schein von unten sehen, und dann sind wir alle geliefert. Es wimmelt von Deutschen hier im Viertel.“

Matthew murmelt ein O.K. oder Ähnliches und macht sich mit seinem Kameraden über das Essen her. Madame steigt die Stufen der Kuppel wieder hinab, während ihr Mann bei den Engländern bleibt.

„Ihr dürft nur nachts die Treppen zu uns hinunter kommen und auch nur während der Nacht durch diese Eisentür vorsichtig auf den schmalen, die Kuppel umrundenden Sims, der nur durch ein einfaches Geländer gesichert ist, hinaustreten. Man kann euch von unten sehen, wenn man zur Kuppel hochschaut, Vergesst das nie, unser aller Leben hängt ohnedies nur an einem seidenen Faden.“ Dann sieht sich Mourin noch den rechten Knöchel des verwundeten Piloten an, kramt aus der Hosentasche fast steriles Verbandszeug und steigt mit einem „Gute Nacht, Jungs!“ die Treppen zu seiner Frau hinab.

Nach ein paar Tagen, das rechte Bein von George ist gut verheilt und die beiden Flieger haben sich an ihr neues Quartier gewöhnt, kommen mitten in der Nacht neuerlich einige versprengte Soldaten auf das Gelände des „Hotel des Invalides“ und werden vom Gärtner entdeckt, bevor sie noch bei den Mauern angelangt sind. Diesmal sind es vier Amerikaner, die einen schwer verletzten Kameraden mitschleppen. Sie sind schon seit ein paar Tagen in Paris und haben einen Tipp bekommen, doch heimlich die Kirche aufzusuchen. Noch in der ersten Nacht stirbt der Verwundete und wird hinter dichtem Buschwerk von den anderen verscharrt.

Nach weiteren vier Wochen ist die Zahl der „Kuppelbewohner“ auf 21 angestiegen. Etliche haben inzwischen den Invalidendom auch schon wieder verlassen und haben sich auf eigene Faust auf die Suche nach den versprengten Resten ihrer Einheit aufgemacht. So vergehen Monate und Jahre. Es ist ein Wunder, dass die über hundert Soldaten und Mitglieder der Résistance, die im Invalidendom in dieser Zeit vorübergehend heimlich untergebracht sind, so lange unentdeckt überleben können.

Im Juli 1944 ist es dann soweit. Ein Deutscher, der um 22 Uhr unten am Dom entlang geht, blickt wie zufällig zur Kuppel hinauf und vermeint auf deren Sims zwei Gestalten zu erkennen. Er meldet seine Entdeckung sofort den Deutschen. Die sind mit zwei Einsatzwagen nach wenigen Minuten zur Stelle, fahren auf das Gelände des Domes und stürmen hinein. In der Kuppel heben sie ein Nest von knapp 40 feindlichen Soldaten aus. Darunter Engländer, Kanadier und Amis. Die werden abtransportiert und sind alsbald für immer verschwunden, während der Gärtner Albert Morin und seine Gattin Yvonne noch in derselben Stunde vor Ort auf dem Gelände des Domes als Hochverräter erschossen werden.


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Oft heilsam
 
 Er ist lebensnotwendig
 nicht wegzudenken
 hör auf ihn
 er hat dir Wichtiges zu sagen
 
 Fürchte ihn nicht
 fliehe ihn nicht
 nimm ihn an und
 gönne ihm seine Zeit
 

 
Wenn er ganz groß wird
 dann erfährst du durch ihn
 ein wahres Wunder
 und wirst vielleicht wieder heil
 
 Wovon ist denn hier
 eigentlich die Rede
 - ach ja,
 vom Schmerz natürlich

 
 
 
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Kohlenstoffchauvinismus

Was ein Chauvinist ist, ist wohl hinlänglich bekannt. Ich definiere das mal mit meinen Worten: Das ist ein Mensch, der an die eigene Überlegenheit glaubt. Was heißt glaubt? Er ist von sich und seiner Gruppe felsenfest überzeugt. Ein gutes Beispiel, das mir grade einfällt: Die Menschen sind doch fest davon überzeugt, dass sie die Krone der Schöpfung sind. Da gibt‘s einfach nichts Besseres. Wohin man blickt, der Mensch hat sich alles „untertan“ gemacht. Er hatte ja nicht nur das Recht dazu, er hat ja von ganz oben sogar den Auftrag dazu bekommen. Ende der Diskussion!

Aber das hat schon einmal nicht so richtig geklappt, als der Mensch davon überzeugt war, dass er mit seinem Planeten Erde, den Mittelpunkt des Universums darstellt, um das sich alles zu drehen hatte. Wer dem widersprach, weil er meinte es besser zu wissen, und es tatsächlich besser wusste, der wurde sehr schnell zum Schweigen gebracht. Unbekannt die Zahl derer, die das mit dem Leben bezahlt haben.

Unterdessen wissen wir sehr gut, dass wir ein kleines Sandkorn am Rande einer von Millionen Galaxien bewohnen. Und selbst unsere Sonne, die jahrhundertelang gottgleich war, hat schon ganz schön von ihrem Glanz eingebüßt.

Und nun machen wir uns schon jahrzehntelang auf die Suche nach unseres Gleichen, wobei wir wieder diesen fürchterlichen, chauvinistischen Fehler machen. Wir sind nämlich sicher, dass die „Außerirdischen“ ungefähr uns gleichen müssten. Dass Leben nur entstehen kann, wenn ganz bestimmte Kohlenstoffverbindungen und genügend Wasser vorhanden sind. So sind nämlich auch wir aufgebaut – ganz einfach gesagt. Daher lassen wir auch Sonden auf fremden Planeten nach Wasser suchen, weil wir glauben, Wasser wäre die Grundvoraussetzung des Lebens. Stimmt schon, aber nur für unser Leben. Warum sollte Leben nicht auch aus metallischen Molekülen hervorgehen können und vielleicht Methan zum Überleben brauchen?
Wir gehen wieder stur chauvinistisch vor, indem wir denken, wenn wir nur Wasser und Kohlenstoffmoleküle fänden, dann hätten wir unsere Artgenossen im All aufgespürt. Das versteht man heute unter dem Begriff „Kohlenstoffchauvinismus“.


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Justin

Justin ist einer, der vor dem ersten Menschen auf dem Mars landen wird. Bei der NASA arbeitet man seit über 30 Jahren (Stand 2019) an seinen Eingeweiden, Gelenken und natürlich besonders an seinem „Gehirn“. Richtig, Justin ist keiner von uns, aber er wurde von uns erfunden und gebaut – er ist ein Roboter.

Ihm wird die Aufgabe zuteil, ein paar Jahre vor einem Menschen auf dem fernen Planeten zu landen, den Landeplatz für den Menschen herzurichten und halbwegs wohnlich zu gestalten. Es wird noch weitere Jahrzehnte dauern, bis der Knabe aus Metall und Plastik sich auf fernen Welten bewegen, umsehen und selbst Entscheidungen treffen wird können. Dabei schafft er heute schon ganz passable Leistungen. So ist er bereits im Stande, den verunreinigten Boden eines Raumes zu putzen. Nein, nicht so wie die runden Dinger, die durch die Wohnung wuseln, Tisch und Sesselbeinen ausweichen und mit kleinen Bürsten den Staub und die Krümel aus dem Katzenklo in ihr Inneres kehren. Unser Justin erkennt Dreck, der den Boden verunreinigt, suchst selbständig nach einem Ding, das er als Besen benutzen könnte und beginnt augenblicklich mit seiner Arbeit, wenn er ein solches gefunden hat. Im Moment arbeitet man daran, dass er nach getaner Arbeit das Ergebnis überprüft und nochmals eingreift, sollte er nicht jedes Fuzzelchen erwischt haben. Ich muss gestehen, dass ich selbst nicht so pingelig mit dem Staubsauger oder Besen zu Gange bin, wenn meine Frau mal für ein paar Tage weg ist.

Das ist aber noch gar nichts. Im Moment versucht man ihm beizubringen, aus vorgefertigten Teilen ein kleines Solarkraftwerk zusammenzubauen, es zu justieren und in Gang zu setzen. Und das alles in ein paar Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Der Gedanke dahinter: Sollte der Mensch dann mal dort landen, hätte er gleich elektrische Energie vor Ort, was seine Eingewöhnung und Überlebenschance mächtig erhöhen würde.

Ich selbst habe diesen Justin schon in Passadena an der Arbeit gesehen. Er sieht uns Menschen nicht sehr ähnlich, ist knapp über einen Meter groß, geht auf zwei Metallbeinen und bewegt zwei Arme aus Plastik langsam aber sehr geschickt und treffsicher. Sein Kopf hat kaum etwas mit unserem gemein, aber dafür hat er oben Objektive eingesetzt, die die Leistungsfähigkeit unserer Augen wesentlich übertreffen. Er sieht „Farben“, die wir uns nicht einmal vorstellen können. Brauchen wir auch nicht. Und er wird alle nötigen Vorarbeiten und Vorbereitungen auf fernen Welten treffen, damit wir später einmal dort eine reelle Überlebenschance haben. Ist doch toll!

Doch schon höre ich allerorten die Mahnungen und Verteufelungen:
„Die Roboter nehmen uns doch schon jetzt etliche Arbeitsplätze weg. Wohin soll das denn führen? Und es wir noch so weit kommen, dass sie viel exakter und flotter arbeiten können als wir Menschen? Wohin dann mit den Arbeitslosen?“

Klar wird das einen anderen Menschen erfordern. Selbstverständlich wird der Begriff „Arbeit“ neu definiert und empfunden werden müssen. Ich wünschte, er würde überflüssig! Das ist für den heutigen Menschen fast ein Frevel, der doch an Irrsinn grenzt!

„Keine Arbeit? Nur Nichts-tun und Herumlungern? Da sieht man ja schon heute, wohin das führt!“

Nein, Leute. Wir Heutigen sehen das vielleicht so, weil es uns von alters her so eingebläut und von der Politik und den Medien immer und immer wieder vorgekaut wurde und immer noch wird. Wenn die Justins aber einmal alltägliches Werkzeug sein werden, und den Menschen fast jegliche Arbeit abgenommen haben werden, dann werden auch längst anders denkende und fühlende Menschen an unsere Stelle getreten sein. Vielleicht in hundert oder zweihundert Jahren.

Ich sehe das alles nicht so fatal, so negativ. Ich bin der festen Überzeugung, dass dann auch Menschen leben werden, die sich Kriege, Falschheit, Neid und co gar nicht mehr vorstellen können. Und ich werde damit Recht haben, wenngleich ich es euch nicht mehr werde beweisen können.

Weshalb ich so sicher bin?

Weil es gar keine andere Möglichkeit mehr gibt, den Karren aus dem Dreck zu ziehen, wohin wir ihn haben laufen lassen !


© Autor: Helmut Schida, Wien 2019 - www.schida.at    -    helmut@schida.at
   
   
   
Hinterm Mond

Am 3. Jänner 2019 landen die Chinesen auf der Rückseite des Erdtrabanten. Was für eine tolle Leistung! Ich kann mich noch gut erinnern, wie die Eroberung des Weltalls durch den Menschen begonnen hatte.


Da war einmal das Versprechen des JFK, dass ein Amerikaner noch vor 1970 seinen Fuß auf den Mondboden setzen würde. Neil Armstrong war dann der Glückliche, der das Versprechen seines Präsidenten am 20. Juli 1969 erfüllen durfte. Zwar hatten die Russen schon vorher die Hündin Laika ins All geschossen. Sie durfte vor ihrem Ableben die Erde in einer kleinen Kapsel ein paarmal umrunden, bevor sie in ihr verglühte.

 
Es folgten dann noch fünf Mondmissionen der Amerikaner, bevor dieses Programm 1972 aus Kostengründen eingestellt wurde. Danach ging man daran eine internationale Raumstation in die Tat umzusetzen. Seit 1998 umkreist die ISS nun die Erde täglich rund 15 mal in etwa 400 km Höhe. Seit 1972 landete also niemand mehr auf dem Mond.


Nun gelang den Chinesen ein besonderes Kunststück. Sie ließen eine Kapsel weich auf der Rückseite des Mondes landen, wobei die Kapsel ja vom Mond selbst verdeckt sein musste, da uns dieser ja stets die gleiche Seite zuwendet. Es gab also im entscheidenden Moment des Landeanfluges und der Landung selbst keine direkte Funkverbindung zwischen Erde und Raumfahrzeug. Deshalb wurde schon Monate vorher ein Satellit in eine Umlaufbahn um den Mond geschossen. Er stellte nun die Kommunikationsleitstelle zwischen der Erde und dem Satelliten her. So konnte man die Landung und das weitere Vorgehen auf der Rückseite des Mondes sicherstellen.


Bald nach der gelungenen Landung wurde auch ein kleines Roboterfahrzeug zum Mondboden gelassen. Dieses erkundet nun die Umgebung der Landestelle und funkt über die Relaisstation hervorragende Bilder zur Erde.
Zuerst wird der Boden rund um die Landestelle im kleinen Raumlabor genau analysiert, was weitere Aufschlüsse über seine Beschaffenheit bringen soll. Auch werden weitere Forschungen darüber Auskunft geben, ob die Erde in frühen Zeiten eventuell von einem zweiten Mond umkreist worden ist. Diese Theorie beschäftigt Astrophysiker schon etliche Jahre, und die Forscher halten es für möglich, aus der Struktur der Gesteinsproben Schlüsse zu ziehen, ob unser heutiger Mond vielleicht aus einem Zusammenstoß mit einem kleineren Trabanten entstanden ist.

 
In einem weiteren Experiment soll versucht werden, Kartoffeln und Gemüse auf der Oberfläche des Mondes nahe dem Südpol anzubauen. Das lässt darauf schließen, dass man auch an eine Besiedelung unseres Erdtrabanten denkt.
Das wird sicher noch etliche Jahrzehnte dauern und viele neue Fragen und Perspektiven für die nach uns lebenden Menschen aufwerfen. Doch der Gedanke allein ist für uns Heutige doch schon recht faszinierend. Oder?

 

© Autor: Helmut Schida, Wien 2019 - www.schida.at    -    helmut@schida.at

   
   
   
Zukunft der DNA

Um mein Haus – im Garten unten – schleicht mein Mörder. Ich hab da so meine Vorahnungen. Sie haben sich schon oft bewahrheitet. Warum sollte es heute anders sein? Der Ganove hatte Zeit genug, das Terrain und die Umstände hier in der Siedlung genau zu erkunden. Er hat mich sicher oft im Rollstuhl mit meiner Heimhilfe gesehen, wie sie mich bei Sonnenschein raus in den Garten geschoben, den Schirm nach dem Sonnenstand gedreht und mir ab und zu ein Glas Limonade gebracht hat.

So auch heute. Susi, meine etwa 30jährige Helferin gefällt mir, mit dem hoch gesteckten blonden Haaren, ihrer weißen Bluse und dem kurzen Röckchen. Mir, der ich schon bald 80 bin. Aber schöne Blondinen haben mir schon immer gefallen. Das hört wohl nie ganz auf.

Jetzt legt sie mir noch die Tageszeitung in Griffweite, dazu meine Lesebrille mit dem Drahtgestell aus Messing und den kreisrunden Gläsern und verabschiedet sich mit einem zarten Winken für eine Weile. Die knappe Stunde zwischen zwölf und eins gehört immer ihr für private Wege oder Besorgungen. Um Punkt eins ist sie dann immer wieder zur Stelle. Danach könnte man die Uhr stellen – so pünktlich ist das Mädel. Heute wird sie aber schön erschrecken – um eins.

Das denke ich gerade noch, als hinter dem Busch – ich sehe es aus dem Augenwinkel – eine massige Gestalt mit roten Haaren und tätowierten Unterarmen auf mich zutritt. Ohne ein Wort zu sagen, legt er mir seine feingliedrigen Finger – das sehe ich gerade noch und denke, dass diese Finger so gar nicht zu seinem fetten Körper passen - um den Hals und drückt zu. Dabei treffen sich für einen Moment unsere Blicke. Er hat ein Paar stahlblaue, verschreckte Augen. Dann kippt der Rollstuhl, ich kralle mich an seinen Unterarmen fest, wir fallen beide zu Boden. Der Tod tritt sehr rasch ein. Mit knapp achtzig hält man nicht mehr lang solch roher Gewalt stand.

Susi erschrickt nicht schlecht, als sie bei ihrem Kommen die Bescherung sieht. Sie ist es auch, die Polizei und Rettung verständigt und brav neben meiner Leiche ausharrt. Lang muss sie nicht warten; die nächste Wache befindet sich keine 500m entfernt. Einmal um die Ecke. Man befragt sie ausführlich und Susi berichtet wahrheitsgetreu. Die Spurensicherung kommt an, sammelt die Beweisstücke ein, findet natürlich keine Mordwaffe und am Nachmittag ziehen alle ab, nachdem das Häuschen ein amtliches Siegel ziert und die nächste Verwandtschaft verständigt ist.

Die Mordkommission beginnt ihre Routinearbeit mit der stets üblichen Spurenauswertung, wie Fingerabdrücke, Blutspuren, DNA-Abgleich, Auswertung von Gegenständen, die nicht ins Bild passen oder jene die fehlen usw. Just bei meinem Fall kommt zusätzlich eine brandneue Untersuchungsmethode zum Einsatz, weil der Täter noch in keiner der zahlreich vorhandenen Dateien gelistet ist. Seine Fingerabdrücke, die er am Rollstuhl hinterlassen hat, ein paar rote Haare, winzige blutige Hautfetzen unter meinen Fingernägeln, die von ihm stammen müssen, nichts Vergleichbares findet sich in den Datenbanken der Ermittler. Es gibt auch keine Phantombilder des Burschen, denn außer mir hat ihn ja niemand bei der Tat gesehen. Auch kurz vorher oder nachher nicht. Er hat eben Glück gehabt.
Sollte man meinen, doch es kommt ganz anders.

Konnte man mit Blut, Haaren usw. Täter nur überführen, wenn man eindeutiges Vergleichsmaterial von ihm hatte, so ist das seit meinem Tod nun endlich Geschichte. Denn ab diesem Zeitpunkt kann man aus der DNA bereits viel mehr herauslesen als bisher. Heute gibt es Methoden, die exakt den Teil der DNA öffnen können, in dem zum Beispiel die Haarfarbe des Menschen „abgespeichert“ ist. Oder jene Sequenz, wo die Augenfarbe definiert ist. Blutgruppe und Geschlecht konnte man ja schon lange nachweisen, doch jetzt werden die einzelnen Merkmale feiner abgestuft. Statur, Knochenbau und Kieferaufbau sind nun in der DNA genau lokalisierbar und am Zustand einzelner Organe, wie Herz, Lunge oder Leber arbeitet man noch.

Heute untersucht man die Hautfetzen, die man unter meinen Nägeln gefunden hat nach der völlig neuen Methode. Die Analyse übernimmt hier ein neues Computerprogramm, und es dauerte nur mehr wenige Stunden, bis es neben dem Täterprofil auch schon ein recht brauchbares Bild seines Gesichts auswirft. Damit ist mein Mörder in kurzer Zeit dingfest gemacht.

Ein Hoch auf die immer besser werdende computergestützte Molekularbiologie!

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Das Superfernrohr

Mehr als 400 Jahre liegt die Erfindung des ersten Fernrohres zurück. Galilei und Kepler waren auf diesem Gebiet die Vorreiter. Viele Jahre dauerte die Verbesserung der Linsen- und Spiegelteleskope. Besonders im 19. Jahrhundert gelangen hier große Durchbrüche. Man konnte immer weiter und tiefer ins Weltall blicken, später auch mit Radioteleskopen hören.
Um das Jahr 1900 war die Glasgusstechnik so weit fortgeschritten, dass man Linsen mit 2,5m Durchmesser herstellen konnte. Einen Meilenstein auf diesem Gebiet stellte auch das 1990 in Dienst gestellte Hubble Weltraumteleskop dar. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt von NASA und ESA. Es wurde mit dem Spaceshuttle als erstes Weltraumteleskop im All ausgesetzt und arbeitet mit weiteren 3 ähnlichen Teleskopen noch heute.
Doch unser Wissensdrang bleibt bestehen. Heute forscht man bereits fieberhaft an einem neuen Projekt, das uns besonders weit ins All blicken lassen wird. Diesem Superteleskop liegt eine ganz neue Aufgabe zu Grunde.
Immer noch glauben wir Menschen, die Krone der Schöpfung, die einzigen Intelligenzen im All zu sein. Zu Unrecht, wie ich meine. Es fehlt nur noch der Beweis, dass es sie gibt. Seit Jahrzehnten machen sich Wissenschaftler rund um den Globus auf die Suche nach diesen Außerirdischen. SETI und viele andere Projekte wurden gestartet, etliche laufen auch heute noch – gefunden wurde noch nichts, was nach Intelligenz aussieht. Wo sind sie also, unsere Freunde im All?
Um ihnen auf die Spur zu kommen, hat sich nun ein ganz schlauer Kopf folgendes ausgedacht. Wir haben schon sehr viele (etliche hundert) Planeten und Monde im All entdeckt, die in ähnlich habitablen Zonen um Sonnen kreisen wie unsere Erde auch. Natürlich sind diese Planeten sehr weit von uns entfernt. So weit, dass selbst unsere stärksten Fernrohre auf ihrer Oberfläche keine Details von „Leben“ erkennen können.
Nun der bahnbrechende Gedanke: Wir sollten mit etwas besseren Fernrohren, in der Lage sein, diese erdähnlichen Planeten genauer zu untersuchen. Dabei sollten wir jedoch nicht wie bisher nach Wasser, Kanälen oder riesigen Bauwerken auf deren Oberfläche suchen. Lenken wir doch unsere Aufmerksamkeit auf die Nachtseite dieser Planeten. Das klingt im ersten Moment ganz schön doof. Aber es kommt noch besser!
Betrachten wir mal unsere Erde des Nachts aus dem All. Sie haben sicher schon solche Aufnahmen, die von Satelliten oder Raumstationen stammen, gesehen. Was sieht man da? Aha! Viel Dunkelheit, also nichts, und in der Dunkelheit Lichtpunkte, große, kleine und Verbindungslinien dazwischen. Bravo! Das sind Großstädte mit ihren Satellitenstädten und beleuchteten Straßen. Eindeutig Zeichen von Zivilisation, von Leben, von intelligentem Leben, das Energie für die Erzeugung von Licht verwendet.
Bald werden wir diese Fernrohre haben. Und mit den Lichtern auf der Nachtseite einzelner Himmelskörper werden wir dann beweisen, dass wir nicht alleine sind in dieser unendlichen Weite des Alls.


© Autor: Helmut Schida, Wien 2019 - www.schida.at    -    helmut@schida.at
 
   
   
 

Und singen kann sie!

Schon bevor ich bei Ghirardelli um die Ecke biege
kann ich die raue krächzende Stimme hören
die dir durch die Knochen direkt ins Hirn knallt
und gleich darauf ist sie da die Faust im Magen

Ich komme um die Ecke - da stehen die beiden
sie, eine kleine zarte Farbige - er, alt und grauhaarig
zentimetertiefe Furchen im Gesicht


Den kleinen Verstärker haben sie an die Autobatterie
ihres uralten Chevy geklemmt - die Motorhaube steht offen

Langsam versinkt der Felsen blauviolett im Wasser der Bucht
"Hit The Road Jack" röhrt die Kleine ins Mikro
während der Alte sie auf der Gitarre und einer Mundharmonika
die er mit einem Drahtgestell
um den Hals trägt, begleitet 

Schnell sammeln sich zehn bis fünfzehn Leute um die beiden
ab und zu fällt eine Münze, worauf der Alte jedesmal mit dem Kopf nickt 

Sowas von Gesang hab ich bisher nur auf den alten Platten
von Bessie Smith oder Mahalia Jackson gehört
Sie bringen noch ein paar Lieder rüber dann machen sie eine Pause 

Sie sammelt die Münzen ein, während er aus dem Motorraum
des 68er-Chevy eine Gaslampe mit Glühstrumpf holt und sie anmacht
Er muss etliche Male pumpen und jedes Mal wird das matte Licht
um eine Spur heller
So eine Lampe hab ich zuletzt als Kind kurz nach dem Krieg gesehen 

Jetzt stellt er sie auf den Luftfilter greift sich die Gitarre
klimpert ein wenig darauf herum
während sie von einem Fuß auf den anderen stampft
und sich in die Handflächen haucht
Es weht nämlich sofort bitterkalt von der Bucht herein
wenn einmal die Sonne weg ist

Und urplötzlich legen die beiden mit
"I´ ve Got A Woman" los
Ich erschrecke fast, so rau und hart klingt ihre Stimme jetzt

Ich stelle den Kragen meiner Jacke hoch
und während ich die Steigung zum "Russian Hill-Park" hinaufklettere
höre ich die beiden noch immer und werde ihre Lieder kaum mehr los

© Autor: Helmut Schida, Wien 2019 - www.schida.at    -    helmut@schida.at

 

 

 

Der Tod


Ich wollte überhaupt nichts von ihm wissen -
und er ignorierte mich tatsächlich

Dann lud ich ihn ein, mich doch zu holen -
und er rührte keinen Finger

Jetzt passt mir sein Besuch überhaupt nicht -
und da klopft er doch tatsächlich bei mir an

© Autor: Helmut Schida, Wien 2019 - www.schida.at    -    helmut@schida.at
 

 

wird fortgesetzt

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