Der Autor als Linkshänder

Ich, meine Damen und Herren, bin das, was man gebräuchlicherweise einen Autor nennt. Darunter versteht man, im allgemeinen, ein männliches Wesen, das, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die man neudeutsch als "Bestseller-Autoren" bezeichnet, ein Linkshänder ist, weil er mit der linken Hand schreibt, also nebenberuflich, weil niemand für sein Geschreibsel, (je besser, desto schlimmer), eine müde Mark vom eigenen Mammon herzugeben bereit ist und der daher, soll seine Frau und Kinder nicht Hungers sterben, mit der rechten Hand einem mehr oder weniger sinnvollen, aber möglichst lukrativen Broterwerb nachgehen muss.

Schreiben, hört man nämlich überall, könne schliesslich jeder. Das hat man, wenn auch meist widerwillig, gelernt als Schüler. Und man macht darum von dieser Fertigkeit nur unter gewissen gesellschaftlichen oder beruflichen Zwängen einen meist recht fehlerhaften Gebrauch. Nun, wenn aber der Linkshänder was Lustiges, mit schöner Stimme vorzutragen hat und es nichts kostet, zuhören kann man ja einmal, wenn's kurzweilig ist und nicht zu lange dauert. Denn am liebsten, nicht wahr, hört man doch sich selbst, die eigene Stimme, auch wenn sie krächzt wie ein alter, gerupfter Rabe, wie man sich ja auch am liebsten im eigenen Spiegel sieht, ganz gleich, was für ein Horror-Face einem da grinsend entgegenblickt.

Aber wenn's lustig ist, wie gesagt, wenn's was zum Lachen gibt, kann man einmal eine Ausnahme machen. Doch hier beginnen die Schwierigkeiten, beginnen die Missverständnisse und Enttäuschungen. Wo gibt es schon, wenn er sich der deutschen Sprache bedient, einen lustigen Autor? Es sei denn, er ist Kölner und Karnevalist und steigt in die Bütt, oder er bedient sich, wie Karl Valentin oder Ludwig Thoma, des bayrischen Dialekts.

Ich, zum Beispiel, obwohl Rheinländer von Geburt und mit Düsselwasser getauft, bin ernst in meinem Gemüt, wie es sich für einen Deutschen, ob Preusse oder nicht, nun einmal gehört. Humorlos, tragisch. Ich muss schon als Säugling ernst ausgesehen haben, weshalb ich nicht nur Ernst genannt, sondern auch immerfort so gerufen wurde. Ich war ernst und hiess Ernst, und so ist es, bis heute, geblieben. Im Ernst. Doch muss, warum mir früh die Meinen mit leisem Misstrauen begegneten, mein ernster Vater (der aber Edmund gerufen wurde) sogar gelegentlich mit zornigem Kopfschütteln, muss mir ein für wenige nur sichtbarer Schalk im rheinischen Nacken gesessen haben, der sich mit den Jahren immer mehr auswuchs (wie auch der darunter sitzende Nacken) und sich in späteren Jahren auch verbal unbedingt ausdrücken wollte.

So entstanden meine kleinen Satiren und Humoresken unter vielen anderen, meist furchtbar ernsten Texten. Im übrigen lese ich gern Satirisches, weil ich dann selber einmal über mich lachen kann, was selten genug passiert, und wenn meine Zuhörer auch noch mitlachen, fühle ich mich als rheinische Frohnatur bestärkt und bestätigt, während ich, alleingelassen mit mir, über diese Seite meiner Natur so meine nagenden Zweifel hege und pflege.

Nun, lachen soll ja gesund sein, und ich hätte nichts dagegen, wenn meine Schreibe auch ein wenig zur öffentlichen und privaten Gesundheit beitrüge. Doch ist diese Komik, und das hängt mit meinem querdeutschen Gemüt zusammen, oft nicht ohne Tränen. Aber wie heisst es ja in der Bibel, die immer wieder recht haben soll: "Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten". Leid und Freud sind, so gesehen, wohl nur zwei Seiten dieser einen, höchst widersprüchlichen Erscheinung, die man seit Adam und Eva als Mensch bezeichnet. Nun, nehmen wir sie, wie sie ist. Sie ist nicht anders und hätte, in eines anderen Schöpfers Hand, noch schlechter ausfallen können, und, wie Pflanzen und Tiere, nichts Hörens-oder Lesenswertes zurückgelassen. Wäre doch jammerschade, wenn wir Menschen aus dieser Welt, die wir, seit wir in sie eingetreten, zu verändern versuchen, ohne Erbe und ohne Spur verschwänden.    

Kontakt: Prof. Ernst-Edmund Keil,  e-mail: ee.keil@freenet.de
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