Tauchen plötzlich und unerwartet aus dem Nichts auf und schlagen zu.
Sind Meister der Tarnung und Täuschung. Meistens befallen sie zuerst
einen Wirt namens Frau. Kleben sich mit ihren Tentakeln, auch
Tragegriffe genannt, an den Händen fest und gehen dort eine unheilvolle
Symbiose ein.
Aber inzwischen wurden auch schon bei der männlichen Bevölkerung
verschiedene extrem gefährliche Mutationen entdeckt,
wie z. B. den chronischen Sporttaschen-Träger, oder gar den
unheilvollen und hartnäckigen Altherrentäschchen-Träger.
Ist ihnen auch schon mal eine Killer-Handtasche begegnet? Wenn ja, dann
wissen sie ja, wovon ich rede. Spüren sie schon, wie sich ihre
Nackenhaare aufstellen und ein eiskalter Schauer über den Rücken läuft.
Ja, ganz genau, so was vergisst man nicht.
Wenn nein, lesen sie meine Geschichte und seien sie gewarnt!
Killer-Handtaschen sind überall, auch in ihrer Nähe.
Ich saß im Theater. Es war dunkel. Die Vorstellung hatte gerade
angefangen. Zuerst schlug sie mir zur Begrüßung ins Gesicht, als sie und
ihr weiblicher Wirt an mir vorüberkletterte. Der Schlag ins Gesicht
reichte natürlich nicht aus, sie trat mich auch noch. An den zwei Enden
ihres Wirtskörpers, auch allgemein Füße genannt, steckten mörderische
High Heels. Die Sorte von Schuhe, für die normalerweise ein Waffenschein
erforderlich wäre. Aber von den Killer-Schuhen erzähle ich ein anderes
Mal.
Sie bahnte sich weiter ihren Weg, auf den einzig freien Platz, den neben
mir natürlich. Siegesbewusst lies sie sich nieder und verströmte dabei
einen widerlich süßen Geruch, auch Parfum genannt. Ich versuchte mich
auf das Geschehen vorne auf der Bühne zu konzentrieren, aber sie lies es
nicht zu. Ihr Wirt rüttelte und schüttelte an ihr, bis sie mit einem
Knall aufsprang. Ihr Inhalt schoss heraus, wie bei einem Vulkanausbruch.
Es hörte gar nicht mehr auf. Über mich erging ein Lippenstift-,
Schlüssel-, Glücksbringer- und Kleingeld-Regen. Ich möchte gar nicht die
verklebten alten, schmuddeligen, Papiertaschentücher erwähnen. Einfach
widerlich.
Mit weit geöffnetem Maul schaute sie mich an. Ich sammelte das Zeugs ein
und stopfte es in ihrem gierigen Schlund. Mit einem lauten „Schnapp“
schloss sie sich. Ihr gut gebauter Wirt schenkte mir ein allwissendes
Lächeln zum Dank. Gefolgt von einem eiskalten Killerblick.
Ich versuchte mich wieder auf das Stück zu besinnen. Im ganzen Saal
merkte man die Anspannung. Es war wirklich gut.
Da passierte es wieder! Ein Handy! „Schnappi“ als
Oktoberfest-Handy-Klingelton mit 5000 Mann-Festzelt-Hörgarantie. Und es
wurde auf einmal totenstill, die Zeit blieb stehen. Alle drehten sich um
und schauten auf mich. Hasserfüllte Blicke trafen mich. Ich lief rot an,
verkrampfte in meinem Sitz. Ich konnte nur noch hilflos mit dem Kopf
schütteln. Die Frau neben mir, mit ihrer Killer-Handtasche auf dem
Schoss und den endlos Beinen, grinste mich hämisch an und zeigte mir den
kleinen sündhaft teueren Hightech Übeltäter.
Die wildesten Gedanken rasten durch meinen Kopf. Ich kochte vor Wut.
Jetzt wurde der Wirt noch von einem Hustanfall geplagt, der Marke TBC im
Endstadium. Wieder schnappte die Tasche auf. Die Frau beugte sich über
Öffnung. Sie suchte und suchte. Zuerst verschwand nur die Hand, dann der
Arm, gefolgt vom Kopf. Wurde sie eventuell selbst zum Opfer? Immer
tiefer wurde sie hineingezogen. Die Tasche wurde auf einmal immer
größer. Oh Gott, welche Ausmaße sie annahm. Die totale Mutation. Der
genetische Supergau. Die Killer-Handtasche machte Harakiri. Zuletzt sah
ich nur noch die strampelnden Beine und die schwarzen High Heels.
Schwupps und weg war sie. Ich hörte nur noch ein volles, sattes, Rülpsen
am Schluss. Danach schloss sich die Killer-Handtasche wieder. Auf dem
Sitz neben mir, lag nur noch sie. Der Wirt war in den weiten Welten des
Handtascheninnenleben-Universums verschwunden.
Die Theatervorstellung war inzwischen aus und ich machte mich auf zu
gehen, dabei wurde ich noch von mehreren älteren Herrschaften mit
drohenden Blicken abgestraft. Am Ausgang blickte ich noch mal zurück,
als ich eine Frau sah, die an dem Platz vorbeilief und die herrenlose
Handtasche entdeckte. Sie lag da so ganz alleine und total unschuldig.
Ihr Tentakel hatte sie weit ausgestreckt in dieser „Nimm mich mit Pose“.
Zu spät, ich konnte die Frau nicht mehr vor dem drohenden Unheil warnen.
Sie klammerte sich bereits an die Frau, oder umgedreht und grauenvolle
Symbiose war bereits vollzogen. Jetzt ist sie wieder unterwegs – die
Killer-Handtasche, auch zu ihnen.
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